„Wer älter wird, der träumt. Allein, es lässt sich vertreiben. Es gibt Bräuche. Es muss für alles richtige Bräuche geben. Darum bin ich so behängt mit Steinen. Denn es wohnt in jedem ganz sicher eine Kraft. Man muss nur wissen, wie man sie nützen kann.“
Die Königin Klytämnestra in „Elektra“ (Text Hugo von Hofmannsthal nach Sophokles, für die Oper von Richard Strauss, Salzburger Festspiele 2010)
Die roten Strasssteine ihres Aufputzes, mit denen Klytämnestra versucht, ihre Albträume und Ängste zu bannen, werden letztlich nicht helfen, sie entkommt ihrem tragischen Tod nicht. War deren Kraft zu schwach, hatte sie nicht die richtigen dabei, oder trug sie den Schmuck, den so ein Amulett auch darstellt, nicht nahe genug am Körper? Von jeher und in allen Kulturen der Erde ist die Bedrohung, die von der Natur, deren Gewalten und Gestalten, ausgeht, ein Lebensumstand, gegen den sich die Menschen schützen müssen. Die „obere“ Welt der Lüfte und Geister, die „untere“ der Abgründe und niederen Kreaturen nehmen sie von der Geburt bis in den Tod in die Mangel. Schutzobjekte, die Gleiches mit Gleichem bekämpfen, magische Segen und nicht zuletzt das Heil, das die jeweilige Glaubensgemeinschaft verspricht, sollen als geistliche und weltliche Medizin den Menschen bewahren.
Jesus wird im 18. Jahrhundert manchmal als Apotheker dargestellt. Ein solches seltenes Bild ist derzeit im Dommuseum Salzburg zu sehen, wo im Rahmen der Ausstellung „Glaube und Aberglaube“ die Alltagskultur des Barock präsentiert wird. Die Fülle an Amuletten, Medaillen, Votiven und heiligen Bildchen unterstreicht nicht nur die Notwendigkeit solcher Objekte und Gaben in gefährlichen Zeiten, sondern auch ihre Selbstverständlichkeit im religiösen Kontext. So reihen sich Münzen, Medaillen, Kreuze, Segenssprüche auf kleinen Zetteln an Bärenkrallen, Nüssen, Kernen, Knochen, Kristallen, Edelsteinen und blauen Glasaugen auf den roten Bändern der Fraisenketten, die um den Hals getragen die Seelen vor den krampfartigen Zuständen bei Angst und Schrecken beschützen sollen.
Zur wichtigsten Schutzfunktion der Amulette kommen noch die Kräfte der Glücksbringer und Talismane, die ebenso auf allen Kontinenten vertreten sind. Aus Silber, Bronze oder Messing gefertigt, mit Steinen besetzt, haben diese Schmuckstücke eine eigene Macht, die zusätzlich zu ihrer Symbolik aus der Kraftqualität der Edel- und Halbedelsteine selbst abgeleitet sein kann: Korallen, Türkise, Jade, Bernstein, Bergkristall und viele mehr. Man findet sie heutzutage auf jedem Wochenmarkt und Handwerksbazar. Ob sie wirken? Man muss dran glauben. So wie Klytämnestra.
Die Ausstellung "Glaube und Aberglaube. Amulette Medaillen, Wallfahrtsandenken" im Salzburger Dommuseum ist noch bis 26. Oktober 2010 zu sehen.
http://www.kirchen.net/DOMMUSEUM/
Text: KB; Bild: ©Dommuseum Salzburg / markenredaktion blaue gans salzburg
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