Bei den Festspielen spielt das Theater auch auf der Straße
Die Fürsterzbischöfe wussten Hof zu halten und stillten ihren Machthunger auch ganz profan bei Tische. Je mehr Publikum ihnen dabei zusah und sich ob der Pracht vor Staunen verschluckte, umso größer und gewisser ihr Ruhm. Jakob Ernst Graf von Lichtenstein (1690-1747) zum Beispiel hielt gerne offene Tafel und lud dazu, freilich nicht wortwörtlich gemeint, „wer nur wollte“.
Die Gästeliste umfasste bis zu 800 Personen, die nicht enttäuscht wurden: Auf kostbarem Tafelgeschirr aus Silber und Gold, aus Kristallgläsern und edelsteinbesetzten Schüsseln wurden sämtliche Speisen und Weine zum Klang von Pauken und Trompeten aufgetragen. Beschautorten aus Zucker zeigten das Abbild des tafelnden Erzbischofs. Dieser Inszenierung von Macht und Pracht wollte die Aufklärung im ausgehenden 18. Jahrhundert ein Ende setzen.
Der Philosoph Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), der die nach Luxus strebende europäische Gesellschaft seiner Zeit in die sittliche Dekadenz abgleiten sah, forderte gar eine Rückkehr zum natürlichen Instinkt, um die naturwidrige Eigenliebe, in der sich der Mensch nur mehr mit den Augen der anderen sehen kann, in die naturgemäße Selbstliebe zu wandeln. „Stellt die Zuschauer zur Schau, macht sie selbst zu Darstellern, sorgt dafür, dass ein jeder sich im andern erkennt und liebt“ ist die Gegenthese zu den oberflächigen Vergnügungen und dem ethischen Gefährdungspotential des Theaters, die Rousseau im Brief an d’Alembert über das Schauspiel formuliert.
Seine Ideen mögen zwar die Französische Revolution beflügelt haben, in der Hofstallgasse zu Salzburg wird weiter wie zu erzbischöflichen Zeiten zur Schau gestellt.Die Zuschauer stellen sich gefügig hinter die Absperrgitter und gaffen wie dereinst, bloß die Fotografen stürmen, und alle spielen das Spiel der Festspiele.
Text: KB; Bild: ©wildbild.at / markenredaktion blaue gans salzburg
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