Auf Lebenszeit

Im Alter von 33 Jahre begann der polnisch-französische Konzeptkünstler Roman Opalka, in halbzentimergroßen Ziffern seine Lebensminuten Zeile für Zeile auf helle Leinwände zu malen. Nun ist er verstorben, und sein faszinierender Versuch, den Tod zu bannen, ist in die Unendlichkeit übergegangen, über Zeit und Materie hinweg. In der zeitlichen Begrenzung seines Tuns hat Opalka eine Dimension erreichen können, die nie im ewigen Leben zu finden gewesen wäre. Ob die Aussicht auf ein immerwährendes Leben tatsächlich so verlockend ist, wie allgemein angenommen, erzählen die Beteiligten der „Sache Makropoulos“.

Die rätselhafte E.M. hat von ihrem Vater nicht nur die Formel zur Ewigkeit bekommen, sondern auch eine wundervolle Stimme, die die Menschen verzaubert und die Männer verrückt macht. Über Jahrhunderte. Nun ist sie der Ewigkeit müde, ihr ist kalt, sie möchte sterben. Wer will schon hundert Jahre Beamter sein, wird am Anfang der Aufführung gefragt. Das hat Witz. Gibt es überhaupt etwas, das so lange gelebt werden will? Das hat Verstand.

Die kluge Inszenierung von Christoph Marthaler, die überreale Ausstattung von Anna Viebrock und die intensive Musik von Leoš Janáček erinnern daran, dass das Leben hier und jetzt passiert und jeder Augenblick davon unwiderruflich einzigartig ist. So unmittelbar möchte Elina Makropoulos leben, nicht ewig. Eine überraschend tröstliche und beglückende Botschaft.

Text: KB / Bild: Foto: Salzburger Festspiele/Walter Mair / markenredaktion blaue gans salzburg

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