What, how and for whom - Kunst in Salzburg

© Ruth Ehrmann / www.summeracademy.at
GÄNSEHAUT: Frau Amanshauser, die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst, deren Leitung Sie seit 2009 inne haben, bietet in diesem Jahr wieder ein umfangreiches Programm: 22 Kurse, Mittagsgespräche mit den Lehrenden, Vorträge, Atelierbesuche, Tage der offenen Tür. Wer sind die Besucher dieser Vielzahl an Veranstaltungen?
Hildegund Amanshauser: Zu unseren Kursen kommen KünstlerInnen, Kunststudierende und Kunstinteressierte aus der ganzen Welt und KuratorInnen in den beiden Kursen zur kuratorischen Praxis. Zu den Veranstaltungen, Vorträgen, Diskussionen, KüntlerInnenpräsentationen,  Ausstellungseröffnungen und Tagen der offenen Türen kommen viele SalzburgerInnen und natürlich unsere Studierenden. Wenn wir Symposien machen, wie im vergangenen Jahr „Globalkunst“ reisen auch Interessierte von überall her an. In Salzburg gibt es vergleichsweise wenig zeitgenössische
Kunstgeschichte und Kunstdiskurs, daher leisten wir einen ganz wichtigen Beitrag zur Auseinandersetzung mit Geschichte und Theorie internationaler zeitgenössischer Kunst

GÄNSEHAUT: Und wie spüren Sie das Interesse der Salzburger?
Hildegund Amanshauser: Ich treffe viele KunsthistorikerInnen und Menschen die sich für zeitgenössische Kunstproduktion und -geschichte interessieren bei den Veranstaltungen. Auch der Verein der Freunde der Internationalen Sommerakademie kann laufend neue Mitglieder gewinnen, u.a. solche, die mit uns auf Kunstreisen fahren.
GÄNSEHAUT: Sie sind hier in Salzburg geboren, aufgewachsen, haben einen Teil Ihres Studiums hier absolviert, auch Ihre berufliche Laufbahn hat sich in vielen Institutionen in Salzburg abgespielt. Ist die Stadt ein guter Platz für Kunst, sei es für die Künstler und Künstlerinnen selber, sei es das Publikum im weitesten Sinne, sei es als Markt?
Hildegund Amanshauser: Das sind jetzt viele Fragen! Also: Ich finde das Salzburger Publikum ist sehr interessiert und kompetent. Im Vergleich zu Münster, eine gleich große Stadt, in der ich fünf Jahre als Professorin an der Kunsthochschule gearbeitet habe, gibt es in Salzburg ein vielfältigeres
Angebot, das auch besser subventioniert ist. Glücklicherweise ist Österreich ein Kulturland und lebt das auch. Das merkt man natürlich an der Vielfalt des Angebots in unserer Stadt. Für die Größe der Stadt ist die Qualität und Internationalität der Galerien erstaunlich. Es gibt die Galerie Ropac, die Blue Chip Galerie, die die weltweit berühmtesten KünstlerInnen zeigt, es gibt die Galerie Ruzicska, die in derselben Liga spielt, zum Teil auch mit jüngeren KünstlerInnen, es gibt auch noch die Galerie Academia, die auch international ausgerichtet ist, und es gibt die Galerie Altnöder, die für Österreich ein sehr gutes Programm macht. Das heißt, es ist für so einen kleinen Ort extrem erstaunlich, dass es da wirklich so eine geballte Galerien-Szene gibt.
Auf der Institutionen-Ebene gibt es das Museum der Moderne, den hervorragenden Salzburger Kunstverein und noch so einiges. Das heißt, es gibt ein breites Angebot, es gibt gute Leute, die das machen, und es gibt gute Museen.
Für Künstlerinnen und Künstler bin ich, was den Standort Salzburg angeht, nicht ganz so  optimistisch, ehrlich gesagt. Man kann sich in Salzburg durchaus einen Sammlerkreis aufbauen, aber wenn man eine internationale Karriere anstrebt, ist Salzburg zu klein und zu weit weg von den wichtigen KuratorInnen, dem Diskurs etc.

GÄNSEHAUT: Welche Rolle spielt da eine Institution wie die
Sommerakademie für die Künstler und Künstlerinnen?

Hildegund Amanshauser: Da bei uns jeder/jede einen Kurs besuchen kann, von den 18 jährigen SchülerInnen bis zur 80jährigen ehemaligen Lehrerin und das auf höchstem internationalen Niveau ist das mal schon ein hervorragendes Angebot. Unser Diskursangebot ist für Künstlerinnen und Künstler extrem wichtig, aber eben auch für alle Kunstinteressierten.
Und wir sind ein wichtiger Arbeitgeber: Viele KünstlerInnen arbeiten bei uns als AssistentInnen, dadurch können sie ein bisschen Geld verdienen und gleichzeitig ihr internationales Netzwerk ausbauen.

GÄNSEHAUT: Die Sammler machen einen Künstler auch nicht unbedingt berühmt aber können ihn erhalten und sind Quellen für Leihgaben an Museen. Welche Rolle spielt der Sammler im kunstgeschichtlichen Kontext?
Hildegund Amanshauser: Die ersten großen Sammlungen waren kirchliche und adelige Sammlungen. Und erst mit dem Bürgertum, in Österreich also mit 1848, mit der bürgerlichen Revolution, in Holland wesentlich früher, schon im 16. und 17. Jahrhundert, hat sich ein bürgerliches Sammlertum herausgebildet. In Österreich wurden viele Sammler, das wurde schon häufig
gesagt, in der Nazizeit umgebracht oder vertrieben, das spielt natürlich eine große Rolle für die Sammlerstruktur in diesem Land.
Dennoch, die Sammler/Sammlerinnen haben eine extrem wichtige Rolle. Sie erhalten die KünstlerInnen und sie prägen auch das, was produziert werden kann und dann auf diese Weise wieder sichtbar wird. Es wird heute, auch zu Recht würde ich sagen, beklagt, dass Sammler/Sammlerinnen einen immer größeren Einfluss auf die Museen und die Kunstinstitutionen haben.
Ich halte es für gefährlich, wenn bestimmte sehr potente SammlerInnen oder GaleristInnen zu viel Einfluss auf Institutionen haben. Dann geht es nicht mehr um Qualität, sondern um Wertsteigerung und die Unabhängigkeit der Institutionen verschwindet, die ist aber extrem wichtig, wenn öffentliche Gelder im Spiel sind.
Aber eine Sammlung, wie die Blaue Gans sie hat, und das Konzept des artHOTELs sind hervorragend für die Szene. Natürlich ist das auch ein Marketingtool, Kunst ist oft Marketing. Ich finde es gut, wenn an einem Marketingbudget nicht nur die Werbeagenturen verdienen. Es werden
Künstler und Künstlerinnen unterstützt. Und das ist, ich hoffe, ein gutes Geschäftsmodell! Für die Kunst ist es auf jeden Fall gut.

GÄNSEHAUT: Sie haben den ganzen Tag viel mit Kunst zu tun, Ihr Büro hat
aber völlig weiße Wände. Welchen Platz nimmt die Kunst privat bei Ihnen ein?

Hildegund Amanshauser: Ich habe im Büro keine Kunst, das ist richtig, weil ich es unhöflich finde, wenn zu mir Künstler/Künstlerinnen kommen und da Bilder von anderen hängen. Ich habe aber zu Hause durchaus Kunst, ich habe auch immer Kunst gekauft, aber ich habe keine Sammlung. Eine
Ansammlung! Ich habe eine Ansammlung von Sachen. Ich liebe es, mit Kunst zu leben. Mir ist es sehr wichtig, ja, mich inspiriert das sehr, mir macht es gute Laune. Und was das Schöne ist: Wenn ich privat kaufe, kann ich mir was aussuchen, wo ich mir in drei Jahren vielleicht denk‘, oh Gott, was war das?
Ja, da bin ich total frei und habe überhaupt keinen Druck weil ich mich nicht als Kunstsammlerin sehe, sondern als jemand, der halt mit Kunst lebt.
Text & :  KB /  Karin Buchauer   / Bild: Ruth Ehrmann/www.summeracademy.at  / markenredaktion blaue gans salzburg

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