Marktfrisch - Der Marktrundgang im Rahmen von eat&meet


 

 
Ich war wieder auf dem Markt, und zwar mit gleichermaßen wetterfestem wie interessiertem Publikum. Am Abend jenes Samstags erwarteten meine Frau und ich bei uns zuhause kundige Gäste, (u.a. unseren Weinhändler, da will ich mir keinen Faux Pas erlauben), und ich lud die Teilnehmer des eat&meet Marktrundgangs ein, mit mir gemeinsam die Speisenfolge zu planen. Wir wollten uns dabei vom frühlingshaften Angebot inspirieren lassen. 

Die Leber der Aalrutte
Die Aalrutte oder Trüsche (rechts im Bild)

Ich mag es, wenn die Gäste in unserer offenen Küche wie in einer Bar stehen und zum Aperitiv schon mal einen ersten Happen gegen den Hunger angeboten bekommen. Bei Fisch Krieg habe ich eine Delikatesse entdeckt: die Leber der Aalrutte, die so etwas ist wie die Foie Gras des Wassers. Ich brate sie nur in etwas Olivenöl-Butter-Mischung und würze mit Fleur de Sel. Bei Antonio habe ich geräucherte Burrata mitgenommen, die ich mit seinen getrockneten Kirschtomaten kombiniere. Das  sieht nett aus, und ein Faden Olivenöl bringt den cremig-rauchigen Geschmack der Burrata noch besser zur Geltung. 

hinter den Kräutersaitlingen: Morcheln aus Italien

Kalbsbries und Morcheln sind eine schöne Kombination, ich hab ein kleines Ragout (Zubereitung des Kalbsbries siehe Rezepte unten) gemacht, indem ich in einer Pfanne zuerst das Bries, danach die gut gereinigten Morcheln mit Schalotten anbriet, mit Weißwein ablöschte, mit etwas Obers auffüllte, und in das ich ein paar fein geschnittene Stücke grünen Spargels warf, den ich im warmen Ragout garziehen ließ. Diese drei kleinen Vorspeisen sind schnell vorzubereiten, und passen einfach wunderbar zu dem Petillant Naturel von fuchs&hase, den wir zum Apertiv wählten. Gut gepaßt hätte auch der schöne Octopus, den Reinhard Krieg mir entgegenhielt. Ich hätte ihn mit etwas grobem Meersalz eingerieben, in einem großen Topf mit Olivenöl angebraten, ein paar Tomaten, Petersilstengel, Korianderkörner und Fenchelsamen dazugegeben, eine Chillischote hineingeworfen und ihn zugedeckt in seinem Saft sanft schmurgeln lassen. Ca. 1 Stunde. (Vergessen Sie das Kochen im Wasser mit dem Sektkorken, das ist alles Quatsch.) Der Pulpo ist dann butterweich und schmeckt schon so hervorragend, dass Sie versucht sind, auf das Grillen zu verzichten. Das können Sie am nächsten Tag mit den Resten nachholen (in einer Grillpfanne für den Herd), der Pulpo karamellisiert dann so schön und erhält dadurch eine feine Geschmacksvariante. 

Octopus
Oder wir hätten ein paar Jakobsmuscheln mit nehmen können und sie in heißem Olivenöl anbraten,
ein paar kleingehackte Schalotten in die Pfanne werfen und - wenn diese Farbe genommen haben - mit Prosecco oder besser einem Schuß Portwein ablöschen können. Dann hätten wir frisch geschnittenen Petersil dazugegeben und mit ein paar Flocken kalter Butter die Sauce gebunden. Hätten wir machen können. Haben wir aber nicht, weil der Mensch sich entscheiden muss, das sagen der Anstand und das Portemonnaie. Welch ein Geschenk, dass wir aus dieser Vielfalt von Produkten wählen können!    

Jakobsmuscheln bei Krieg

Bei Markus Schreilechner haben wir schönen Mönchsbart entdeckt, in Italien Barba di Frate oder auch Agretti genannt, ein schnittlauchähnliches Kraut, das auf den salzigen Böden Friauls und des Veneto wächst und das Kommen des Frühlings verkündet. Sein erdiger Geschmack ist ungemein vielschichtig, mit seiner bodenständigen Frische hat er eine ganz eigene Eleganz, die gut in diese Jahreszeit paßt: noch nicht so üppig, süß und saftig wie der Sommer, mehr eine Verheißung kommender paradiesischer Zustände, und die Bestätigung der Hoffnung, dass der Winter doch jedes Jahr wieder endet. Ich liebe die Schlichtheit einer Pasta mit Mönchsbart: dazu schwitze ich zwei kleingehackte Schalotten und zwei gehackte Knoblauchzehen in Olivenöl an, gebe den gewaschenen und von seinen Wurzeln befreiten Mönchsbart hinzu und lasse ihn bei mittlerer Hitze schmoren. Am Ende leere ich einen Schuß Weißwein und etwas Kochwasser hinzu, in dem ich sehr gute handwerklich erzeugte Pasta (Spaghetti) gekocht habe, und binde mit einem Stück kalter Butter. Ein paar Salzkapern runden den Geschmack ab (ich verwende ungern die in Essig eingelegten Blüten, der Geschmack der in Meersalz eingelegten ist ungleich besser.) Am Schluß hebe ich die Pasta unter und streue geriebenen Pecorino (gibt's bei Frau Braunegger) darüber. 

Wir haben dazu einen Ograde von Sandi Skerk aus Prepotto (ein Ort im Karst, in der Nähe von Duino) getrunken, auch er ein Vertreter schlichten Genusses. Im Karst heißt es genügsam sein, das gilt auch für den Wein.

Topinambur bei Schreilechner
Saiblinge bei Krieg
Weiter im Programm: für ein kleines Zwischengericht habe ich Topinambur gebürstet, in Scheiben geschnitten und mit Zwiebel stark angeröstet, mit Weißwein abgelöscht und mit Hühnerbouillon aufgefüllt. Die weichgegarten Knollen habe ich mit Obers aufgemixt, und die Konsistenz so gewählt, dass ein lockere Sauce entstand, die ich mit etwas kalter Butter schaumig aufschlagen konnte. Das war die Basis, auf der ich in einem kleinen Pasta-Teller junge Erbsen angerichtet habe, welche ich kurz mit Schalotten und Knoblauch angeschwenkte und mit einem Schuß heißen Wasser weichköcheln ließ. Etwas Estragon dazu und - für Geschmack und Konsistenz - ein paar Grammeln (gibt es bei Frau Stockner zu kaufen, bei der ich auch gleich den Ziegenkäse, Holunderkäse und Holzerkäse für den Abscshluß des Menüs gekauft habe.) Darauf kommt noch die schöne Lachsforelle. Die fertigen Filets  habe ich in etwa zwei fingerdicke Stücke geschnitten, mit etwas Butter bestrichen, gesalzen und bei 120 Grad ca. 20 Minuten im Rohr ziehen lassen. Als Dekoration habe ich noch den ersten Schnittlauch aus dem Garten auf das Filet gelegt.  Dazu war der Weißburgunder von Dario Princic ein würdiger Begleiter. 

Affinierte Käse bei Schober- Stockner


Puntarelle
Schönheitsideal: Marmorierung beim Fleisch, gesehen bei Kriechbaum
Bei Gerhard Baischer wurde ich in Sachen Fleisch fündig: ein schönes Schulterscherzl und ein Tafelspitz vom Angus-Rind haben mich angelacht, und Gerhard meinte, das Fleisch wäre zum Braten geeignet. Normalerweise werden Teile aus der Rindsschulter gekocht oder  geschmort (selbiges gilt für den Tafelspitz), aber mit Top-Qualität und etwas Fingerspitzengefühl kann man auch im Rohr ein gutes Ergebnis erzielen. Ich habe das Fleisch nur gesalzen, in Öl angebraten und bei 120 Grad ca. 1 Stunde im Rohr gelassen, danach die Hitze auf 70 Grad reduziert und das Fleisch noch eine dreiviertel Stunde ziehen lassen. Das Ergebnis war ein butterweiches, dunkelrotes Fleisch mit einem Hammer-Geschmack. Dazu habe ich nur ein paar Puntarelle (Zichoriengemüse) serviert, die mir mit ihrer leicht bitteren Note als schöner Kontrast zum Fett des Fleisches erschienen und die ich in der Pfanne in etwas Olivenöl weich geschmort habe. Beim Erdäpfel-Pürree, das ich dazu servierte, habe ich es mir leicht gemacht: Hälfte Erdäpfel, Hälfte Butter, etwas Milch, Salz, Muskat. Aus. So macht das zumindest der Herr Robuchon.  Der Ottocento von Giorgio Claj hat diesem Gericht zusätzliche Größe verliehen. 

Gerhard Baischer

Für das Dessert ist mein Frau zuständig, sie hat eine Crème Brulée gezaubert, zu der wir ein Beerenragout gereicht haben. Das Rezept für das Ragout und andere marktfrische Inspirationen können Sie im Blog-Beitrag des Vorjahres nachlesen: http://www.gaensehaut.eu/2016/05/marktrundgang-mit-rezepten.html

Hier noch ein paar Vorschläge für Ihr eat&meet Menü zuhause.
Viel Freude beim Nachkochen!


Text: Andreas Gfrerer 
Fotos: Andreas Kolarik





























 Video: wie man am schnellsten ein Huhn hohl auslöst.






Kalbsbriesravioli  mit weißem Spargel

Für die Kalbsbriesfülle:

1kg Kalbsbries
2 Karotten
6 Schalotten
1 Stangensellerie
Lorbeer / Wacholder / Pfefferkörner 
Rosmarin / Kümmel / Salz
Petersilie
ein Schuss Essig
2 Zitronenzesten ca. 5 cm
ev. 1/16 l Demi Glace oder Jus

Für den Spargel:
1 Bund Spargel
1 Zitrone
1 EL Butter
Zucker
Salz

Für den Nudelteig:
5 Eier
500 g griffiges Mehl
Salz

etwas Baby-Leaf Blattspinat
1 Schalotte
wenn möglich frische Frühlingsmorcheln
Muskat, Salz, Pfeffer


Zubereitung:

Kalbsbriesfülle: Bries gut wässern und säubern. Wasser mit kleingeschnittenem Wurzelwerk, Essig  und den Gewürzen aufkochen und einige Minuten köcheln lassen. Darin das Bries sanft blanchieren (für 6 bis 8 Minuten). Danach im kalten Wasser abschrecken. Anschließend die Haut abziehen.
Eine Pfanne mit Öl und Butter erhitzen, währenddessen das Bries fein hacken. Gehackte Schalotten anschwitzen, Bries beigeben, abschmecken mit Salz, Kümmel, Pfeffer, fein gehackten Zitronenzesten und frischer Petersilie. Mit etwas Demi Glace geschmeidig binden. (die Masse sollte kompakt und nicht flüssig sein.) Auf Handtemperatur abkühlen lassen und abschmecken.

Spargel: Spargel schälen und holzige Enden wegschneiden kochen. Aus Wasser, Zucker, Salz und Butter einen Spargelfond kochen, kräftig abschmecken. Spargel darin am besten stehend weich kochen, er sollte aber noch einen leichten Biss haben. In kaltem Wasser abschrecken und in ca. 5 cm lange Stücke schneiden.  

Nudelteig: Mehl zu einem Haufen türmen, in der Mitte eine kleine Mulde machen, die Eier in die Mulde geben, etwas Salz dazu und solange kneten, bis eine homogene, geschmeidige Masse entsteht. In Klarsichtfolie einschlagen und an einem kühlen Ort mind. 2 Stunden rasten lassen.

Ravioli machen: den Nudelteig dünn ausrollen und mit einem Teigrädchen oder einer Ravioliform kleine Quadrate von ca. 5 cm Seitenlänge. ausschneiden. Die Hälfte der Quadrate mit einem haselnußgroßen Stück der Fülle belegen und die Ränder mit Wasser bepinseln. Mit der anderen Teighälfte belegen und festdrücken. Auf eine bemehlte Unterlage legen und rasten lassen.

Ravioli kochen: Ausreichend Wasser zum Kochen bringen, salzen. Die Ravioli für ca 1,5 Minuten in wallendem Wasser kochen. Abtropfen lassen und in etwas brauner Butter schwenken.

Vor dem Anrichten Schalotte in Butter anschwitzen und den Baby Leaf Spinat dazugeben, zusammenfallen lassen. Mit Salz. Pfeffer und Muskat würzen. Falls vorhanden eine Handvoll Morcheln mitschwenken. Die Spargelstücke in etwas Spargelfonds oder heißer Butter wärmen.

Anrichten: In einem tiefen Teller mit dem Blattspinat ein Nest machen. Die Ravioli drauflegen. Mit Parmesan und Spargelstücken dekorieren.





Gebrannte Limonentopfencrêpe mit Rosmarinparfait
  
Einkaufszettel für 4 Personen

Rosmarinparfait

2 Eigelb
50g Zucker
10ml Wasser
250g geschlagene Sahne
1 Blatt Gelatine
1 El Rosmarin gehackt
2cl Vodka

Crepeteig

50g Obers
1 Ei
1 Eigelb
55g Mehl
100ml Milch
1 Prise Salz

Topfenlimonefülle

250g Topfen
50g Creme Fraiche
2 Eiweiß
80g Zucker
3 Blatt Gelatine
Abrieb von 2 Limetten


Zubereitung

Rosmarinparfait: Das Eigelb in eine Schüssel geben, mit einem Handrührgerät aufschlagen, derweil Zucker und Wasser in ein Topf erhitzen und anschließend dem Ei beigeben. Die Gelatine in kaltem Wasser einweichen, ausdrücken und unter die heiße Eimasse rühren. Die Masse anschließend auf einem Eisbad kalt rühren und abschließend die geschlagene Sahne und den gehackten Rosmarin unterheben. Noch etwas Vodka beigeben, in Espressotassen abfüllen und bei – 18 Grad frieren.

Crêpes: Die oben genannten Zutaten alle zusammen einrühren und in einer Pfanne schön dünn ausbacken


Topfenlimonenmousse: Die Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Währenddessen die Creme Fraiche mit dem Limettenabrieb verrühren. Anschließend die Gelatine ausdrücken, in einem Topf leicht erwärmen und die Creme Fraiche dazugeben. Die entstandene Masse im Anschluss unter den Topfen rühren. Das Eiweiß mit dem Zucker steif schlagen und langsam unter die Topfenmasse heben. Abschließend die Masse in der Mitte des Crepes platzieren und dieses einrollen. Dann das Crepe in Klarsichtfolie einwickeln und für drei Stunden kalt stellen.

Nun die Crêperollen aus der Klarsichtfolie auspacken, mit viel Puderzucker bestäuben und mit einem Bunsenbrenner karamellisieren. 






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